Digitale Logos-Edition
Thema des 1. Petrusbriefes ist das Selbstverständnis und Weltverhältnis der Christen, die in und an einer sie ablehnenden Gesellschaft leiden. Insofern ist er zunächst ein bedeutendes historisches Dokument für die Interaktion zwischen dem frühen Christentum und der hellenistisch-römischen Welt und Kultur. Zugleich ist dieser »Hirtenbrief«, der in origineller Weise biblische und außerbiblische Traditionen aktualisiert und seelsorgerlich als Hilfe für eine christliche Daseins- und Handlungsorientierung zur Sprache bringt, ein eindrückliches Zeugnis für die Profilierung der frühchristlichen Theologie im Kontext der religiösen Neuorientierungsprozesse der späteren Antike. Damit hat er sowohl für die »praxis pietatis« der Gläubigen als auch für die Dogmenbildung der Kirche eine enorme Bedeutung erlangt, die weit über den unmittelbaren historischen Kontext hinausreicht. Der 1. Petrusbrief präsentiert Theologie als praktische Theologie im besten Sinne des Wortes.
Damit wird hier zum ersten Mal explizit gesagt, dass das neue Leben der Wiedergeborenen die Gestalt einer neuen Gemeinschaft hat. Nur als „Bau“, als Kollektiv können die „lebenden Steine“ ihre Bestimmung erfüllen, ein „geistliches Haus“ zu sein.
diese Gemeinschaft nicht aus ihren eigenen Beziehungen lebt, sondern durch das Wirken des Geistes in ihr
Der Vergleich der Christen mit Säuglingen findet sich im Neuen Testament nur hier. Gerade dort, wo die Verantwortung der Glaubenden hervorgehoben wird, der neuen Geburt durch eine ethische Neuorientierung zu entsprechen, wird zugleich die Abhängigkeit von Gott noch einmal unterstrichen; jenes Neuwerden kann nur geschehen, wo die Gläubigen immer wieder von Gott her „genährt“ werden, und zwar eben durch jene „Wortmilch“.
Gerade durch die der Situation angemessene Unterscheidung der „Fremden“ von ihrer Umwelt will er die Christen auch von der Fixierung auf das Leiden befreien (vgl. 4,12-19) und ihnen damit aus dem Glauben die Freiheit zu einem offenen, verantwortungsvollen Verhalten in den sozialen Konfliktbereichen eröffnen.
Der erste Teil (1,3–2,10) und der darauf hinführende Briefeingang (1,1–2) kreisen um das neue Sein der Christen, um ihre Hoffnung und das Ineinander von Heil, Heiligkeit und Heiligung. Es geht um die theologische Grundlegung der christlichen Existenz.